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Paläontologie

Junge Säbelzahnkatzen hatten doppelten Biss

Die Eiszeit-Raubtiere besaßen zeitweise vier Säbelzähne gleichzeitig

Säbelzahnkatzen
Während ihre finalen Säbelzähne heranwuchsen, behielten junge Säbelzahnkatzen zusätzlich ihre Milchzähne. © Massimo Molinero

Zähne wie Dolche: Junge Säbelzahnkatzen besaßen beim Heranwachsen sogar gleich vier dolchartige Reißzähne. Denn während die Erwachsenenversion ihrer imposanten Eckzähne heranreifte, dienten ihnen zurückgebliebene Milchzähne als Stütze, wie eine Studie nun zeigt. Demnach erhöhten die Mini-Eckzähne die Steifigkeit während der Wachstumsphase des finalen Paares und verringerten so das Bruchrisiko. Diese „Doppelbezahnung“ dauerte überraschend lange an.

Riesenpranken, dolchartige Eckzähne und so groß wie ein Löwe: Das war die nordamerikanische Säbelzahnkatze Smilodon fatalis. Obwohl das ikonische Eiszeitraubtier bereits vor 10.000 Jahren ausgestorben ist, beflügelt es auch heute noch die Fantasie von Kindern und Paläontologen gleichermaßen. Besonders die bis zu 20 Zentimeter langen Eckzähne von Smilodon haben in der Vergangenheit für zahlreiche Spekulationen gesorgt.

Auch Säbelzahnkatzen hatten Milchzähne

Während immer noch unklar ist, ob Säbelzahnkatzen ihr dolchartiges Zahnpaar zur Jagd einsetzten und wenn ja, wie genau sie damit Beute zur Strecke brachten, wissen wir immerhin bereits mehr über das Wachstum der Riesenzähne. So besaßen Säbelzahn-Junge anstelle der späteren Dolche zunächst deutlich kleinere Milchzähne. Im Alter von etwa eineinhalb Jahren war dieser Milchzahn-Satz schließlich ausgewachsen.

Doch die Milchzähne fielen nicht sofort aus, um Platz für ein Erwachsenenpaar zu machen. Im Gegenteil: Die Smilodon-Jungtiere behielten ihr kindliches Set noch bis weit in ihre Pubertät hinein und auch noch dann, wenn bereits die ikonischen Säbel aus dem Kiefer herausdrängten. Dadurch entstand irgendwann eine „Vierzahnigkeit“, die zweieinhalb Jahre anhielt: Innen blieb der Milchzahn, während außen der Erwachsenenzahn immer weiter wuchs.

Kieferfossil
Der besondere Zustand der „Vierzahnigkeit“ lässt sich bei zahlreichen Fossilien beobachten. © Jack Tseng, UC Berkeley

Der Doppelzahnigkeit auf der Spur

Solche doppelten Säbelzähne sind bei zahlreichen fossilen Smilodon fatalis-Teenagern aus den La Brea-Asphaltgruben in Kalifornien zu beobachten. Daraus schließen Paläontologen, dass die Doppelzahnigkeit kein Einzelfall war und einen besonderen Zweck erfüllte. Welchen genau, hat nun Jack Tseng von der University of California in Berkeley erforscht.

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Dafür nutzte der Paläontologe sowohl Computermodelle, die die Festigkeit und Steifigkeit der Säbelzähne unter Belastung simulierten, als auch Kunststoffmodelle, die die Zähne unter realen Bedingungen einem Bruchtest unterzogen. So wollte er herausfinden, wie stabil die heranreifenden adulten Reißzähne waren und ob die Milchzähne diesem Zahnsatz eventuell als Stütze gedient haben könnten.

Milchzähne als „Stützräder“

Das Ergebnis: Als die langen Eckzähne der Säbelzahnkatzen anfingen zu wachsen, waren sie offenbar noch sehr anfällig für seitliche Brüche, wie Tseng berichtet. Bei einem übermütigen, unerfahrenen Jungtier wären die Dolche so mitunter bereits beschädigt worden, bevor sie überhaupt ihre finale Länge erreicht hatten.

Säbelzahn Simulation
Die Simulation im Computermodell enthüllte eine erhöhte Bruchanfälligkeit für junge Erwachsenenzähne. © Jack Tseng, UC Berkeley

Hier kommen die Milchzähne ins Spiel, denn diese boten in der fragilen Übergangszeit offenbar eine wichtige Stütze für das spätere Erwachsenenpaar, wie die Simulationen und Tests nahelegen. Demnach erhöhte sich durch die benachbarten Jugendzähne die Steifigkeit der späteren Dolche und äußere Kraftauswirkungen führten mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu Brüchen. So konnten die Smilodon-Halbstarken zunächst unter sicheren Bedingungen lernen, mit ihren gewaltigen Säbelzähnen umzugehen.

„Es erlaubt ihnen, zu experimentieren, Risiken einzugehen und im Wesentlichen zu lernen, wie man ein ausgewachsenes, selbstständiges Raubtier wird“, so Tseng. Doch ähnlich wie Kinder ihre Stützräder hinter sich lassen, sobald sie gelernt haben, das Gleichgewicht auf einem Fahrrad zu halten, verloren auch die Säbelzahn-Jugendlichen ihre Milchzähne, sobald sie deren Unterstützung nicht mehr brauchten. (The Anatomical Record, 2024; doi: 10.1002/ar.25447

Quelle: University of California – Berkeley

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